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Briefmarken














        Die unverstandenen Lektionen



        der Geschichte…








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                             Der allgemeine Hintergrund des Russisch-Japanischen Krieges von 1904 war die
                             Rivalität beider Reiche um Einfluss in der Mandschurei und in Korea. Während auf der
                             russischen Seite ein ausgeprägter Expansionswille herrschte (Bau der Transsibirischen
                             Eisenbahn, dann der Transmandschurischen Eisenbahn usw.) hegte auch Japan den
                             Wunsch sich in diesen Gebieten auszudehnen.
                             Zar Nikolaus II. und Kaiser Mutsuhito wollten ein Kolonialreich schaffen, um es den
                             westlichen Mächten gleichzutun. Ihr gemeinsames Ziel war dabei China, wo die kaiser-
                             liche Qing-Dynastie bereits schwächelte. Großmächte wie Großbritannien und die USA
                             mahnten Tokio zur Vorsicht, als Japan sich gegen die zunehmende russische Präsenz
                             in Korea und der Mandschurei zur Wehr setzte.
                             Um dieser Bedrohung zu begegnen, beschloss Japan, sein Militärbudget um das Vier-
                             bis Fünffache zu erhöhen, seine Truppenstärke zu verdoppeln und seine Flotte zur
                                                                        führenden im asiatisch-pazifischen Raum
                                                                        zu machen. Die Offiziere der japanischen
                                                                        Marine wurden von Großbritannien ausge-
                                                                        bildet, und auch auf diplomatischer Ebene
                                                                        erhielt Japan durch eine am 30. Januar
                                                                        1902 geschlossene Allianz die Unterstüt-
                                                                        zung Englands.
                                                                        Zar Nikolaus II., der sich und einen Großteil
                                                                        seines Staatsapparats auf einer zivilisa-
                                                                        torischen Mission wähnte, wollte sich an
                                                                        einem bewaffneten Konflikt gegen die,
                                                                        wie er sie nannte, „japanischen Makaken“
                                                                        beteiligen, um die Bevölkerung des Kai-
                                                                        serreichs unter einem siegreichen Zaren
                                                                        zu vereinen. Auf dem Papier war die
                                                                        russische Armee dreimal so groß wie die
                                                                        japanische und musste unweigerlich den












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